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Consultant Mittelstand: Sabine Prohaska – Regeln im Coaching Gespräch

Die Wirtschaftspsychologin Sabine Prohaska beschreibt, welche Kenntnisse und Fähigkeiten für ein professionelles Coaching Gespräch wichtig sind. Im Mittelpunkt der Arbeit des Consultant im Mittelstand steht die Lösungsorientierung.

Coaches gehen bei ihrer Arbeit von folgenden Annahmen aus:

  • Jeder Mensch hat Ressourcen: (Gesunde) Menschen haben alles, was sie brauchen, um ihre Probleme zu lösen. Sie sind fähig, das zu tun, was sie tun sollten, um das zu erreichen, was sie möchten.
  • Der Coachee ist der Experte: Die Coachees sind die Experten für das Lösen ihrer „Probleme“. Der Coach unterstützt sie hierbei „nur“, unter anderem mittels Fragen, die dem Coachee helfen, seine eigenen Lösungen zu finden und zu realisieren.

Diese Grundannahmen prägen das Gesprächsverhalten eines Coaches. Es ist lösungsorientiert, und dies zeigt sich unter anderem in folgenden Punkten:

  • Anerkennen des Problems. Ein „guter“ Consultant im Mittelstand erkennt das Problem des Coachees einfach anstatt lange mit ihm darüber zu diskutieren. Denn für das Coaching-Geschehen ist primär interessant, was der Coachee in Zukunft möchte – und nicht was in der Vergangenheit geschah.
  • Positiver Fokus. Das Handeln eines „guten“ Coaches ist auf die (Problem-)Lösung und eine Veränderung in die gewünschte Richtung fokussiert. Dem entspricht seine Gesprächsführung. Spricht ein Coachee nur von „Problemen“, dann fragt er ihn zum Beispiel, was er stattdessen gerne hätte und führt ihn so von der Problemfixierung weg hin zur Lösungssuche.

Herausforderung des Consultant im Mittelstand ist die Lösungsorientierung

Der Grundansatz der Lösungsorientierung klingt einfach. In Coaching-Ausbildungen ist er jedoch der Teil, dessen Etablierung im Gesprächsverhalten der angehenden Coaches am längsten dauert. Denn im Alltag sind wir es gewohnt, anderen Menschen Tipps und Ratschläge zu erteilen: „Versuche doch mal das!“, „Lasse Dir das nicht gefallen!“. Für viele angehende Coaches ist es deshalb eine echte Herausforderung, die eigenen Lösungswege hintenanzustellen.

Eine weitere Herausforderung ist, den positiven Fokus in der Gesprächsführung beizubehalten. Dies ist wichtig. Denn Worte spiegeln nicht nur unser Denken wider, sie beeinflussen auch unser Denken – und das anderer Menschen. Deshalb sollten Coaches ihre Worte so wählen, dass sie die gewünschte Wirkung erzielen.

Prohaska Sabine consultant mittelstand rote Jacke

Autorin: Sabine Prohaska

So wie der ehemalige US-Präsident Obama und die Comicfigur Bob der Baumeister. Fast jedes Kind kennt Bobs Ausruf „Yo, wir schaffen das“. Und Erwachsene? Sie kennen fast alle Obamas ehemaligen Wahlslogan „Yes, we can“. Obama versetzte mit ihm Millionen US-Bürger in eine Auf- und Umbruchstimmung und motivierte sie, ihn zu wählen. Und die Comicfigur Bob? Sie vermittelt mit der Aussage „Wir schaffen das“ Kindern die Zuversicht, auch schwierige Aufgaben gelassen anzugehen. Diese Zuversicht gilt es auch im Coaching dem Coachee zu vermitteln – das heißt, der Coach sollte sich als eine Person präsentieren, die sich auch in schwierigen Situationen von der Zuversicht leiten lässt: „Wir …“ beziehungsweise „Sie schaffen das, wenn. …“

Haben Coaches die genannten Grundhaltungen verinnerlicht und spiegeln sich diese in ihrer Gesprächsführung wider, dann ist das Gelingen des Coaching-Prozesses sehr wahrscheinlich. Trotzdem noch einige Tipps, worauf Sie als Coach in den verschiedenen Phasen eines Coaching-Prozesses bei der Gesprächsführung achten sollten.

Phase 1: Orientierung und Auftragsklärung

In dieser Phase steht unausgesprochen die Frage des Coachees im Raum: „Bin ich hier richtig?“. Der Coachee möchte sich also vergewissern, dass der vor ihm sitzende Coach die richtige Person für seine Fragestellung ist, und dieses Gefühl gilt es ihm zu vermitteln – unter anderem durch eine kurze, aussagekräftige Vorstellung des Coachs. Legen Sie in ihr, Ihre Qualifikationen und Erfahrungen dar, die Sie befähigen, das Coaching in die richtige Richtung zu lenken. Verlieren Sie sich dabei aber nicht in Details. Die Faustregel für das Vorstellen Ihrer Person lautet: So lange wie nötig, so kurz wie möglich.

Zielführend ist es auch den Coachee zu fragen: „Warum kontaktieren Sie gerade mich als Coach?“. Denn hiermit lässt sich die Gefahr einer potenziellen Verwicklung mit anderen „Klienten-Systemen“ ausloten. Angenommen der Coachee erwidert auf diese Frage „Mein Bruder (…oder mein Chef), der von Ihnen seit einem halben Jahr gecoacht wird, empfahl Sie mir“, dann ist Vorsicht angesagt.

Die Antwort auf die Frage „Warum gerade ich?“ liefert auch Infos über die Erwartungen des Coachees an Sie. Es macht einen großen Unterschied, ob ein Coachee auf diese Frage erwidert: „Sie wurden mir als jemand empfohlen,

  • … der bei Bedarf auch mal eine Viertelstunde überzieht, ohne dies gleich berechnen“ oder
  • … der aufgrund seiner Erfahrung als Führungskraft ein Experte für das Thema Mitarbeiterführung ist.“

Bereits in der Startphase eines Coachings sollte über die Klärung des Anliegens, Ziels und Auftrags Ihre lösungs- und ressourcenorientierte Haltung und Arbeitsweise als Coach zum Ausdruck kommen, damit der Coachee sanft, aber bestimmt an diese Art der Arbeit herangeführt wird.

Phase 2: Situationsanalyse und Zielarbeit

Die Frage nach dem Anliegen ist die Frage nach den Themen, die den Coachee beschäftigen und an denen er arbeiten möchte.

Durch aktives Zuhören den Prozess steuern: Der Coachee sollte ausreichend Gelegenheit haben, sein Problem zu schildern. Dabei gilt es jedoch zu beachten: Zu lange, detaillierte Problemschilderungen versetzen Coachees oft in eine Problemtrance, aus der sie nur schwer wieder herauskommen.

Ziel der Situationsanalyse ist es nicht, dass der Coach selbst möglichst viele Informationen über den Coachee und dessen Ist-Zustand erhält; der Coachee soll vielmehr mehr Klarheit über die Struktur seiner Situation erhalten und diese besser eingrenzen können.

„Überschriften“ für die Coachee-Anliegen finden: Lassen Sie den Coachee zu jedem seiner Anliegen eine Überschrift formulieren. Das erleichtert es ihnen beiden im weiteren Coachingprozess, jeweils das Thema auszuwählen, an dem in der Coachingsitzung gearbeitet wird.

Visualisierungen für die Gesprächsführung nutzen: Es ist hilfreich, die Überschriften oder Headlines zum Beispiel auf einem Flipchart zu notieren. Sie können zudem in den Coachingvertrag übernommen werden.

Die „verborgenen“ Anliegen herausarbeiten: Oft verbirgt sich hinter dem vom Coachee präsentierten Problem dessen eigentliches Problem. Dieses kann zum Beispiel mit der Frage „Was ist anders, wenn Sie dieses Problem gelöst haben?“ herausgearbeitet werden. Klarheit über die Problemlage stärkt die Veränderungsmotivation und führt zur Reflexion des Soll-Zustands, also zur Zielarbeit. Diese ist ein essenzieller Teil des Coachingprozesses.

Das Coaching-Ziel klären: Sind die Anliegen formuliert und wurde vereinbart, in welcher Reihenfolge diese bearbeitet werden, gilt es, realistische Ziele für das weitere Coaching zu entwickeln. Manchmal wird die Zielklärung vernachlässigt, weil davon ausgegangen wird: Die Ziele gehen aus dem Anliegen hervor. Dies ist ein Irrtum. Zwar verbindet jede Person, die sich coachen lässt, damit Ziele, doch diese sind oft sprachlich und mental vage als Wünsche oder Hoffnungen oder negativ als „Weg-vom-Problem“ formuliert. Und damit einher geht häufig eine Problemzuschreibung, die außerhalb des eigenen Einflussbereichs liegt.

Eine exakte Zielklärung ist wichtig, denn ein Ziel lässt sich eher erreichen, wenn es

  • konkret formuliert ist,
  • selbst herbeiführbar ist,
  • terminiert angestrebt wird und
  • in einer „Hin-zu-etwas-Begrifflichkeit“ beschrieben wird.

Solche Ziele können Coachees, die sich in einem Problemzustand befinden, oft nicht formulieren. Also müssen Sie sie als Coach hierbei unterstützen. Fragen zur Zielformulierung können sein:

  • „Welches Ziel haben Sie denn in dieser Situation?“
  • „Was möchten Sie (idealerweise) erreichen?“

Diese sollten mit Fragen nach Erfolgskriterien für die Zielerreichung verknüpft werden:

  • „Woran würden Sie erkennen, dass Sie Ihr Ziel erreicht haben?“
  • „Wer außer Ihnen würde es noch erkennen und woran?“

Beim Feedback am Schluss eines Coaching-Prozesses berichten Coachees oft: Die Zielarbeit habe einen wesentlichen Beitrag zur Lösung ihres Problems geleistet. In diesem Sinne stellt sie bereits eine Intervention dar, denn Zielarbeit ist Perspektivenarbeit. Sie führt den Coachee im Idealfall aus einer Problem- in eine Zieltrance.

Den Auftrag klären: Sind die Ziele formuliert, geht es um die Frage, welche Wünsche und Erwartungen der Coachee hat, wie Sie ihn bei der Zielerreichung unterstützen. Das heißt, Sie klären den konkreten Auftrag an Sie ab. Dies geschieht in der Regel mit den einfachen Fragen:

  • „Wie kann ich Sie bestmöglich unterstützen?“
  • „Was kann oder soll ich tun, damit Sie Ihr Ziel erreichen?“

Auf diese Fragen wissen Coachees spontan oft keine Antwort. Helfen Sie ihnen, indem Sie Vorschläge machen, was Ihr Part sein könnte – zum Beispiel:

  • Dinge hinterfragen,
  • ungewöhnliche Fragen stellen,
  • Advocatus Diaboli sein,
  • neue Perspektiven eröffnen,

 

 

Phase 3: Interventionsphase

In der eigentlichen Interventionsphase werden die spezifischen Methoden der Veränderungsarbeit eingesetzt. Diese können aus systemischen Fragetechniken oder Aktionsmethoden bestehen. Grundsätzlich sollten Interventionen geplant sein, und nicht als „Hüftschuss“ erfolgen. Es erfordert Erfahrung und Intuition sowie ein ausreichend großes Repertoire an Techniken, um als Coach die für das jeweilige Anliegen und die jeweilige Person passende Intervention auszuwählen.

Wenn Coaches die lösungsorientierte Gesprächsführung verinnerlicht haben, sind sie mental auch frei, um im Gespräch die körpersprachlichen Signale des Coachees wahrzunehmen und darauf angemessen zu reagieren. Einen erfahrenen Consultant im Mittelstand zeichnet es unter anderem aus, dass er die körpersprachlichen Veränderungen bei einem Coachee, die zum Beispiel Überlegungsprozesse und Aussagen begleiten, registriert und gegebenenfalls zurückmeldet. Hierfür ein Beispiel: Angenommen die  Augen des Coachees füllen sich mit Tränen. Dann kann der Coach diese Wahrnehmung mit den Worten zurückmelden: „Ich sehe, dass Sie das gerade emotional stark beschäftigt!“. Angenommen nun der Coachee erwidert hierauf nichts. Dann kann der Coach nach einer Weile nachfragen „Was geht Ihnen gerade durch den Kopf?“

Ein weiteres Beispiel. Angenommen der Coach registriert, dass der Coachees lächelt. Dann kann er sagen: „Ich nehme eine Veränderung in Ihrem Gesicht wahr. Sie lächeln! Was ist Ihnen eingefallen?“

Phase 4: Abschluss

Sobald die Maßnahmenbildung abgeschlossen ist, also die nächsten Schritte in Richtung Ziel definiert sind, neigt sich das Coaching (beziehungsweise die Coachingsitzung) dem Ende entgegen. In einem gemeinsamen Rückblick sollten nun die Veränderungen und Ergebnisse zusammengefasst werden – zum Beispiel mit Fragen wie

  • „Wo stehen Sie nun im Hinblick auf Ihre Ziele?“
  • „Wo besteht noch weiterer Handlungsbedarf?“

Nun ist es auch an der Zeit, auf der Metaebene eine Evaluierung des Coachingprozesses vorzunehmen:

  • „Wie haben Sie das Coaching empfunden?“
  • „Was war hilfreich?“
  • „Was war schwierig?“

Der Coach erhält so ein Feedback und kann hieraus Anregungen und Schlussfolgerungen für seine künftige Arbeit ableiten. Und der Coachee? Er kann wieder in das „Hier und Jetzt“ zurückkehren und sich gedanklich von der Arbeit mit dem Coach verabschieden. Der direkte Coachingprozess ist nun vorbei: Auf der Ebene der Gedanken, Gefühle und Handlungen des Coachees wird er jedoch noch lange nachwirken.

Prohaska Sabine consultant mittelstandDie Wirtschaftspsychologin Sabine Prohaska ist Inhaberin des Trainings- und Beratungsunternehmens seminar consult prohaska, Wien (Internet: www.seminarconsult.at), das unter anderem Coaches ausbildet. Sie ist unter anderem Autorin des im Junfermann Verlag erschienen Buchs „Coaching in der Praxis: Tipps, Übungen und Methoden für unterschiedliche Coaching-Anlässe“.

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