DIW-Ökonomin Charlotte Bartels stellt im Rahmen des World Inequality Reports unter anderem das Verhältnis der zehn Prozent mit dem höchsten Einkommen für Deutschland zum mittleren Einkommen auf Basis von Einkommensteuerdaten vor.
Der Anteil der Spitzeneinkommen am Volkseinkommen ist in Deutschland seit Mitte der neunziger Jahre stark gewachsen. Dagegen hat sich der Anteil, den die Hälfte mit den geringsten Bruttoeinkommen erwirtschaftet, seitdem deutlich reduziert. Das sind wesentliche Ergebnisse einer Untersuchung, die die DIW-Ökonomin Charlotte Bartels im Rahmen des World Inequality Reports für Deutschland auf Basis von Einkommensteuerdaten erstellt hat.
Einkommensteuerdaten können seit der Einführung der Einkommensteuer zum Ende des 19. Jahrhunderts ausgewertet werden und zeigen auf, wie sich die Höhe und die Verteilung der Bruttoeinkommen aus Lohn, Unternehmens- und Vermögenseinkommen über die Zeit entwickelt haben. So zeigt sich, dass zwar der Anteil der Spitzeneinkommen seit 1913 von 18 auf 13 Prozent gesunken ist, in den vergangenen 30 Jahren aber um 30 Prozent zugelegt hat. Die erhobenen Daten lassen allerdings keine Aussagen zu, wie staatliche Transferleistungen und das progressive Steuersystem die Einkommensunterschiede nivellieren.
Doch wenig später wendete sich das Blatt, als die Produktion in den neuen Bundesländern zurückging und die Arbeitslosigkeit in Gesamtdeutschland deutlich stieg. Der Einkommensanteil der unteren 50-Prozent sank von 26 Prozent im Jahr 1995 auf knapp 17 Prozent im Jahr 2013. Gleichzeitig erhöhte sich der Einkommensanteil der obersten Zehn-Prozent von 32 auf 40 Prozent.
Anteil des Top-Ein-Prozents der Einkommen gestiegen
Bei der Betrachtung des obersten Ein-Prozents, dem vor allem Unternehmerinnen und Unternehmer angehören, zeigt sich diese Entwicklung noch deutlicher: Der von ihnen erwirtschaftete Anteil am Volkseinkommen stieg im gleichen Zeitraum von acht auf 13 Prozent. Die DIW-Ökonomin hält diesen Wert allerdings für unterschätzt. “Würde man die einbehaltenen Gewinne der Unternehmen dazurechnen, das heißt die Gewinne, die die Unternehmen seit Anfang der 2000er Jahre zunehmend im Unternehmen behalten statt sie auszuschütten, wäre der Einkommensanteil des obersten Ein-Prozents höher.” Im internationalen Vergleich liegt Deutschland derzeit gleichauf mit Großbritannien, aber noch weit unterhalb der USA, wo das oberste Ein-Prozent rund ein Fünftel des Volkseinkommens erwirtschaftet.
Parallel zu dem Anstieg des obersten Ein-Prozents ist auch die gesamtwirtschaftliche Bedeutung von Unternehmens- und Vermögenseinkommen gegenüber Lohneinkommen gewachsen. Wenn die Unternehmens- und Vermögenseinkommen schneller wachsen als die Lohneinkommen, profitieren vor allem die bereits Vermögenden. Die Entwicklung Deutschlands zum Exportweltmeister läuft ebenfalls parallel zur Entwicklung des Einkommensanteils des obersten Perzentils seit den 1990er Jahren. Dies legt nahe, dass die SpitzenverdienerInnen in Deutschland, die ihre Einkommen zum großen Teil aus Unternehmensbesitz beziehen, deutlich mehr vom wachsenden Außenhandel profitiert haben als die Angestellten.
(Quelle: Das DIW Berlin (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) ist seit 1925 eines der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland. Es erforscht wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Zusammenhänge in gesellschaftlich relevanten Themenfeldern und berät auf dieser Grundlage Politik und Gesellschaft.)
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