Edmond de Rothschild

Unternehmensfinanzierung | Anleihen-Märkte verdrängen Bankenkredit

In den USA finanzieren sich Unternehmen schon bis zu 70 Prozent über Anleihen. In Europa ist der Bankkredit noch die beliebteste Finanzierungsform. Die Asset Manager von Edmond de Rothschild analysieren den Trend.

Anders als in den USA nutzen europäische Unternehmen traditionell Banken als Kapitalgeber. Inzwischen erleben wir aber einen wachsenden Trend hin zur Disintermediation des Bankensektors

Die Unternehmen wenden sich von der Finanzierung durch Vermittler, sprich Banken, ab und fungieren selbst als direkte Emittenten. Die bankaufsichtsrechtlichen Veränderungen beschleunigen diesen Prozess noch, da die Basel-III-Vorgaben Banken zu einer strikteren Steuerung von Risiko und Kapital zwingen. Die Überbeanspruchung von Bilanzen wird immer teurer und Kreditaufnahmen belasten die Bilanzen. Banken treten daher zunehmend im Emissionsgeschäft auf: Anstatt direkte Kredite zu vergeben, unterstützen sie die Unternehmen jetzt bei der Emission von Schuldtiteln.

Der Euro-Hochzinsmarkt* ist ein gutes Beispiel für diese Entwicklung. In seiner Anfangsphase im Jahr 2000 war dieser Markt hochkonzentriert und wies wenig Tiefe auf. 47 Gesellschaften aus zehn Ländern waren hier vertreten; bis zu 70 Prozent des Marktvolumens entfielen auf Telcos und Medienunternehmen. Knappe 13 Jahre später hat sich das Bild grundlegend gewandelt. 229 Emittenten aus 32 Ländern und 17 Branchensektoren sind jetzt an diesem ausgesprochen aktiven Markt vertreten. Das Volumen ist auf 300 Milliarden Euro angewachsen. 2012 belief sich die Emissionstätigkeit auf über 50 Milliarden Euro; bereits in den ersten beiden Monaten 2013 wurden mehr als 10 Milliarden Euro am Markt aufgenommen, das entspricht 20 Prozent des für das Gesamtjahr erwarteten Betrags. Und dennoch ist dieser Markt erheblich kleiner als der reife High-Yield-Markt in den USA, der ein Volumen von 1.200 Milliarden USD auf sich vereint.

* Europäische Markt für Hochzinsanleihen oder auch High Yields. Hochverzinsliche Euro-Anleihen bieten Investoren die Möglichkeit, sowohl überdurchschnittliche Zinserträge als auch attraktive Kurschancen wahrzunehmen.

 

[heading style=”1″]Bunter Mix von Emittenten[/heading]

Immer mehr Unternehmen wenden sich dem Euro-Hochzinsmarkt zu, wo sie Kapital zu einem Zinssatz aufnehmen, der in etwa den Konditionen entspricht, die Banken für längere Laufzeiten anbieten. Diejenigen, die bereits am Markt präsent sind, koppeln sich verstärkt vom Bankensektor ab, während andere erstmals Schuldtitel am Markt emittieren. Das trifft insbesondere für nicht-geratete Unternehmen zu. Dabei ist „nicht-geratet“ nicht unbedingt mit einem höheren Risiko gleichzusetzen. In diesem Segment sind auch renommierte Adressen wie Galeries Lafayette und Pirelli vertreten. Liegt kein Rating vor, so nimmt die eigene Kreditanalyse des Fondsmanagers in diesem Segment noch an Bedeutung zu. Gleichzeitig erleben wir einen neuen Trend in Richtung Privatplatzierungen: Unternehmen wie Bonduelle und Lactalis haben bereits Emissionen für kleinere Investorgruppen – vor allem Institutionelle – aufgelegt, die die Anleihen bis zur Fälligkeit halten wollen. Überdies wächst der Markt auch aufgrund der sogenannten Fallen Angels, also Unternehmen, die von Investment Grade auf High Yield heruntergestuft wurden.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass der Begriff Euro-Hochzinsanleihemarkt das Segment der auf Euro lautenden Schuldtitel privater Emittenten umfasst. Die Emittenten können aus jedem beliebigen Land kommen. Bei zunehmender Verdichtung der Märkte emittieren jetzt mehr und mehr Unternehmen aus anderen Ländern in Euro denominierte Schuldtitel. Dazu zählen beispielsweise auch die US-Multis Belden und Owen Illinois sowie der südafrikanische Einzelhändler Edcon.

Die Disintermediation kommt auch Investoren zugute, da Unternehmen, die sich über den Marktfinanzieren wollen, ihre Finanzdaten jetzt transparenter kommunizieren und bestimmte Finanzkennzahlen einhalten müssen. Immer mehr Investoren, wie Family Offices und Versicherungsgesellschaften, die sich zuvor nicht im High-Yield-Segment engagiert haben, zeigen wachsendes Interesse an diesen Emissionen. Einige dieser Investoren besaßen bereits ausgegebene Schuldtitel von Unternehmen wie Lafarge, Arcelor Mittal oder Renault und hielten auch dann an diesen Beständen fest, als die Gesellschaften von Investment Grade auf High Yield heruntergestuft wurden. Der Grund liegt in dem attraktiven Risiko-Ertrags-Profil, das Hochverzinsliche bieten.

(Quelle: Raphael Chemla; Edmond de Roth­schild Asset Mana­ge­ment)

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