Steen Jakobsen ist Chefökonom einer Bank und über seine Meinungen schreibe ich bereits seit Jahren. Heute hat er mich überrascht. Seine aktuelle Erkenntnis: Jeder sollte mehr Ehrgeiz zeigen. Für sich selbst, für sein Land und für sein Unternehmen. Man sollte mehr darüber sprechen, was getan werden kann und nicht darüber, was nicht getan werden kann. Klar ist, eine reiche Gesellschaft wächst von unten, nicht von oben.
KMU (kleine und mittlere Unternehmen) waren laut EU-Studie zwischen 2008 und 2010 für 85 Prozent aller neu geschaffener Arbeitsplätze verantwortlich. UND: Vor allem jüngere Unternehmen aus der Dienstleistungsbranche waren besonders eifrig. “Im Durchschnitt entstanden durch sie jährlich 1,1 Millionen neue Stellen.”
On-Ton:
KMU und Startups müssen Kapitalzugänge erhalten
Das gesamte Kreditkapital und politische Kapital sollte in KMU, d. h. in kleine und mittlere Unternehmen investiert werden. Das meint Steen Jakobsen. Sie sind der alleinige Motor für Produktivität und Innovation. Da Start-up-Unternehmen in erheblichem Umfang zur Leistung dieses Sektors beitragen, sollte ein Schwerpunkt auf der Schaffung von Anreizen für Unternehmensneugründungen liegen.
Steen empfiehlt eine Steueramnestie für die ersten drei Jahre (ohnehin machen die meisten Unternehmen erst ab dem fünften Jahr Gewinne) und schlägt vor, dass Investitionen in Start-ups in Spitzensteuer- und Altersversorgungssystemen abzugsfähig sein sollten.
Hintergründe aus Sicht eines Finanzökonomen
Der Gedankenansatz: Es handelt sich um die Rückentwicklung seiner (Steens) Wirtschaftstheorie des Bermuda-Dreiecks (Bermuda Triangle of Economics), die erklärt, wie heute und aufgrund der Nullzinspolitik 20 Prozent aller Unternehmen (börsennotierte Unternehmen, Banken und staatseigene Unternehmen) 100 Prozent des zur Verfügung stehenden Kreditkapitals und politischen Kapitals erhalten. Das bedeutet, dass ihre Finanzierungsraten 300–400 Basispunkte unter einem normalen Geschäftszyklus liegen.
Zugleich erhalten KMU (die restlichen 80 Prozent aller Unternehmen) keinerlei Kredit- und politisches Kapital.
Die Aktienkurse steigen, weil die abgezinsten Zahlungsströme (300–400 Basispunkte unter Normalniveau) zu einer höheren Bewertung führen. Arbeitslosigkeit und Ungleichheit steigen weiter – es gibt kein Wachstum, keine Produktivität, keine politischen Veränderungen und keine Hoffnung.
“Ich bin optimistisch und voller Hoffnung, dass Technologie und intelligente, fähige, gut ausgebildete Menschen ihren Beitrag leisten werden, wenn sie nur die Chance dazu bekommen. Die besagten 80 Prozent können uns in weniger als fünf Jahren wieder auf die (Erfolgs-)Spur bringen, wenn ihnen dazu die Möglichkeit gegeben wird – wobei das Wachstum nicht langsam, sondern exponentiell sein wird.”
Steens Reisen haben gezeigt, dass die Welt in Neutralität verharrt. In gewissem Sinne möchte jeder „halbschwanger“ sein, suhlt sich in dem Gedanken, dass „alles schlimmer sein könnte“, und verkennt die Realität.
Im Jahr 1992 trat er eine Stelle als VP, Head of Scandinavian Sales, bei Chase Manhattan in London an und ging später zur Chase Manhattan Proprietary Trading Group. Von 1995 bis 1997 war er als Eigenhändler und Head of Flow Desk bei der Swiss Bank Corp., London, tätig. 1997 wurde er Global Head of Trading, FX & Options bei Christiania (heute Nordea) in New York, bis er 1999 eine Stelle als Executive Director in der Global Proprietary Trading Group von UBS in New York übernahm. Im März 2011 wurde Steen Jakobsen zum Chefökonom der Saxo Bank aus Kopenhagen ernannt.
(Quellen: Steen Jakobsen / EU-Kommission)
(Redaktionelle Umsetzung: Frank Schulz)
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