Mittelstand go East: Mehrere aktuelle Berichte und Auswertungen sind sich einig: Trotz einer sich abschwächenden Wirtschaft in China etablieren sich besonders die Tigerstaaten (Bsp. Indonesien, Kambodscha, Vietnam, Malaysia). China, Indien und die Tigerstaaten produzieren jährlich Waren und Dienstleistungen im Wert von 12,4 Billionen Dollar – das ist die Wirtschaftsleistung des gesamten Euroraums. Das birgt auch große Potenziale so nebenbei für deutsche Finanzinstitute und für die EU.
Wir haben uns aktuelle Analysen vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln, der NORD/LB, des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) und der Europäischen Union näher angeschaut.
Fakten des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (iwkoeln): Der Bestand an deutschen Direktinvestitionen in China hat sich seit 1995 von 800 Millionen Euro auf fast 35 Milliarden Euro erhöht. In Südkorea lag der deutsche Marktanteil bei 35 Prozent – auch dort war die Bundesrepublik der wichtigste europäische Lieferant. Besonders attraktiv sind Erzeugnisse der Fahrzeugindustrie sowie des Maschinenbaus – im Jahr 2012 kamen mehr als 50 Prozent der deutschen Exporte nach China aus diesen Branchen, in Südkorea waren es über 40 Prozent.
Ihre Investitionen in Südostasien wickeln die deutschen Unternehmen insbesondere über die Finanzzentren Hongkong und Singapur ab. Von 2000 bis 2012 summierten sich nach Singapur geflossenen Direktinvestitionen, Finanzanlagen und Bankguthaben auf fast 20 Milliarden Euro – das entspricht mehr als 9 Prozent der Wirtschaftsleistung des Stadtstaates.
UND: Deutsche Unternehmen greifen auf vertraute, passgenaue Finanzierungen zurück – etwa wenn es um die Beschaffung von Fremdkapital über Unternehmensanleihen oder Kredite geht – also bei ihren Geschäftsbanken.
Zehn Schwellenländer gehören dem sogenannten ASEAN Economic Community (AEC) an. ASEAN (Association of South East Asian Nations) steht für einen Verband südostasiatischer Nationen (Brunei, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam). Deren Ziel ist die Schaffung eines gemeinsamen Binnenmarktes à la EU. Die AEC soll ein wirtschaftliches Schwergewicht in der Region und in der Welt werden.
Die Europäische Union hat bereits seit Längerem einen Haken in den ASEAN-Verbund gesetzt. Der Vorsitzende der Delegation für die Beziehungen zur ASEAN-Gruppe in der EU ist der deutsche CDU Politiker und Minister des Europäischen Parlaments Dr. Werner Langen.
Herr Dr. Langen, was konkret ist das Ziel ihrer Aufgabe?
“Die ASEAN-Staaten sind eine aufstrebende Region mit dynamischen Wachstumsraten und umfassen mit Indonesien den größten muslimischen Staat der Welt. Dies macht die Region zu einem wichtigen Partner Europas, insbesondere weil mit der ASEAN Economic Community (ACE) bis 2015 die wirtschaftliche Integration der Staaten nach europäischem Vorbild anvisiert wird. Ziel und Kernanliegen meines Vorsitzes der Delegation ist es, dass die Europäische Union mit ihren vielfältigen Erfahrungen die ASEAN-Staaten bei dieser regionalen Integration unterstützt und damit zu Frieden und Wohlstand auf der Basis von Demokratie und Menschenrechten beiträgt.”
Die Volkswirte der NORD/LB sehen im ASEAN-Staatenverbund mit seinen aufstrebenden Mittelschichten einen globalen Wachstumstreiber.
Für mittelständische Unternehmen aus Deutschland böten sich breit gestreute Chancen, sowohl in Bezug auf neue Absatzmärkte, aber auch als Investitionsstandorte. Angesichts des erheblichen Nachholbedarfs beim Ausbau der Energieinfrastruktur in vielen Ländern Asiens sehen die Analysten der NORD/LB insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien Marktchancen für deutsche Unternehmen, die mit ihrem Know-how zu den weltweit führenden Anbietern dieser Branche zählten.
Dies gelte sowohl für Sonnen- und Bioenergie als auch für Windkraft. So zeigt die Studie, dass mit Indonesien das bevölkerungsreichste Land im ASEAN-Verbund eine dynamische Aufholbewegung im Bereich erneuerbare Energien verzeichnet. Hier investiere der Staat umfangreich in den Erneuerbare-Energien-Sektor. Auch in Vietnam dürfte die Bedeutung alternativer Energiequellen zunehmen. Hier lägen langfristige Potenziale z. B. im Bereich der Biomasse beim Reisanbau.
O.k., lassen wir Olaf-Alexander Wiedemann, Leiter der NORD/LB-Niederlassung Singapur Werbung machen:
„In vielen stark wachsenden Branchen der asiatischen Volkswirtschaften verfügt die NORD/LB über ein ausgezeichnetes Know-how und langjährige Expertise. Die gilt zum Beispiel für die Finanzierung Erneuerbarer Energien, aber auch für die maritime Industrie, die etwa in Malaysia gezielt ausgebaut werden soll.“
FAZIT: Die asiatischen Schwellenländer sind gefordert, ihre Wirtschaftsmodelle anzupassen, damit tragende Elemente Kontinuität versprechen. Vor allem sollten soziale Sicherungssysteme eingeführt werden, die den Bürgern Freiräume für Konsum bieten. Korruptionsbekämpfung sowie der Ausbau der Infrastruktur und des Bildungsbereichs sind weitere Aufgaben.
(Quellen: DIHK; iwkoeln; NORD/LB; Dr. Werner Langen)
(Autor: Frank Schulz)
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