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Bertelsmann Studie: Rückgang der betrieblichen Ausbildung in KMU

Wir haben vor Kurzem über das sogenannte Passungsproblem in der beruflichen Ausbildung berichtet. Die aktuelle Bertelsmann Studie sieht darüber hinaus eine sinkende Ausbildungsbereitschaft insbesondere bei Betrieben mit geringer Belegschaft (KMU).

Die Bertelsmann Studie zeigt ebenso, dass die Passungsprobleme auf dem Ausbildungsmarkt in
den letzten Jahren zugenommen haben. “Sie zeigen sich zum einen regional: Während etwa in Bayern deutlich mehr Ausbildungsplätze unbesetzt als Bewerber unversorgt bleiben, ist es in Nordrhein-Westfalen genau umgekehrt.”

Eine Lösung laut Studie: Eine verstärkte Mobilität von Auszubildenden würde es Betrieben erlauben, überregional nach Kandidaten zu suchen, und Jugendlichen, einen Ausbildungsplatz im Wunschberuf zu finden, der in der Heimatregion möglicherweise nicht verfügbar ist.

Orientierungslose Schulabgänger und akademischer Hype

Eine weitere Lösung: Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen kann ebenfalls einen Beitrag leisten. In einer intensiven beruflichen Orientierung können Schüler für einen Beruf begeistert werden, der zwar nicht genau der Wunschberuf ist, aber vielleicht bessere Chancen auf einen Ausbildungsplatz bietet.

Gleichzeitig bieten Maßnahmen der Berufsorientierung mit Praktika oder Praxistagen erste Möglichkeiten für Betriebe, mit potenziellen Bewerbern Kontakt aufzunehmen.
Insbesondere Gymnasien können noch mehr tun, um ihre Schüler nicht nur über akademische Laufbahnen, sondern auch über die Bildungs- und Karrieremöglichkeiten in der beruflichen Bildung zu informieren.

Betriebliche Ausbildung in KMU stark rückläufig

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Für den stetigen Rückzug der Betriebe aus der Ausbildung spielen laut Bertelsmann Studie viele Faktoren eine Rolle.

Dazu gehören längerfristige Trends wie der technologisch bedingte Wandel der Produktionsprozesse, der veränderte Qualifikationsanforderungen nach sich zieht, der demographische Wandel sowie eine erhöhte Studierneigung junger Menschen, die die Anzahl der Ausbildungsplatzbewerber und damit die Auswahlmöglichkeiten der Betriebe einschränken.

Bereits jetzt ist es für Betriebe in bestimmten Branchen, Berufen und Regionen schwierig, beruflich ausgebildete Fachkräfte zu finden, während der Fachkräftebedarf hoch bleibt. Betrachtet man die Struktur der Belegschaften nach Qualifikationsniveau zwischen 1999 und 2015, hat sich der Anteil von Akademikern in den Belegschaften erhöht, während der Anteil der Ungelernten zurückgegangen ist.

Der Anteil der beruflich Qualifizierten ist dagegen über alle Betriebsgrößen weitgehend gleich geblieben. Hinzu kommt, dass bis zum Jahr 2030 rund 10 Millionen Menschen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder mit Meister- oder Technikerabschluss aus dem Erwerbsleben ausscheiden.

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Bei dem derzeit niedrigen Niveau der Ausbildungsbeteiligung werden diese nicht annähernd ersetzt werden können. Prognosen weisen daher auch auf einen steigenden Bedarf an beruflich und akademisch Qualifizierten hin, während der Bedarf an Ungelernten tendenziell zurückgeht. Wenn es nicht gelingt, das Ausbildungsvolumen wieder zu erhöhen, werden die Probleme bei der Besetzung von Stellen mit beruflich Qualifizierten weiter zunehmen.

DIHK: Ursachen sind Demografie und Studientrend

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) stemmt sich gegen die Bertelsmann-Studie. In einer aktuellen Mitteilung heißt es: 

Die in der Untersuchung genannten Zahlen stimmen, nicht jedoch die genannten Begründungen und Schlussfolgerungen,
stellte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks gegenüber der Nachrichtenagentur dpa klar.

Nach Auffassung des DIHK mangelt es keineswegs an einem ausreichenden Ausbildungsangebot der Betriebe, sondern an den Bewerbern. So konnte 2016 jedes dritte Unternehmen in Deutschland seine Lehrstellen nicht besetzen; fast jeder zehnte Ausbildungsbetrieb erhielt keine einzige Bewerbung mehr. In Folge blieben 2016 allein bei den Arbeitsagenturen mehr als 43.000 Ausbildungsplätze unbesetzt.

“Eigentlich kann sich jeder vorstellen, wie es auf diese oft frustrierten Kleinbetriebe wirkt, ihnen ob ihrer vergeblichen Anstrengungen ohne jeden Beleg eine mangelnde Ausbildungsbereitschaft zu unterstellen”, monierte Dercks. Die wesentlichen Gründe für den Rückgang der Ausbildungszahlen lägen vielmehr in der Demografie und im langjährigen Trend zum Studium: “Es gibt heute rund 150.000 weniger Schulabgänger als vor zehn Jahren – und zugleich fast 150.000 Studienanfänger mehr!”

So oder so. In den kommenden Jahren werden viele Fachkräfte der Bayboomer-Generation in Rente gehen. Viele der jungen Generation sind zudem verunsichert, welches Beschäftigungsmodell für sie infrage kommt. Es existieren Berufe, in denen in der Tat kaum jemand seine Zukunft sieht. Politik und Wirtschaftsverbände müssen Unterstützungsprojekte für KMU verstärken und nicht nur für die Großen. Deren Argument ist die “Systemrelevanz”. Viele Beschäftigte = mehr Aufmerksamkeit.

(Redaktion: Frank Schulz; FS)

(Quelle: Bertelsmann Stiftung, Gütersloh. Es handelt sich hier um Auszüge. Verweise oder Hinweise sind im Original (siehe unten) deklariert.)

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