Die Anzahl der Auszubildenden in kleinen- und mittleren Unternehmen (KMU) ist mit 1,2 Millionen Auszubildenden zwar konstant, jedoch werden mehr benötigt. Der Trend zum Studium nach der Schule dagegen nimmt weiterhin zu.
Die Zahl der Auszubildenden in Deutschland sinkt weiter und liegt aktuell bei 1,34 Millionen, mit 516.000 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen wurde im Jahr 2015 ein Negativrekord erzielt. Die Gründe hierfür liegen in rückläufigen Schülerzahlen aufgrund des fortschreitenden demografischen Wandels und der gleichzeitig zunehmenden Studierneigung der jungen Generation. Zu diesem Ergebnis kommt das aktuelle KfW-Mittelstandspanel.
Für die kleinen und mittleren Unternehmen ist die berufliche Ausbildung von Nachwuchs-Fachkräften jedoch überlebenswichtig. Wie eine Sonderauswertung des repräsentativen KfW-Mittelstandspanels zeigt, gelingt es ihnen derzeit noch, sich gegen den Trend zu stemmen: Sie halten die Anzahl ihrer Auszubildenden seit fünf Jahren in etwa konstant bei 1,2 Millionen. Neun von zehn Nachwuchskräften hierzulande absolvieren damit ihre berufliche Ausbildung im Mittelstand.
Zahl der Auszubildenden verlagert sich in den Mittelstand
„Die Ausbildungstätigkeit verlagert sich immer weiter in den Mittelstand“, sagt Dr. Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe. „Dort arbeiten gut zwei Drittel der Beschäftigten bundesweit, mittlerweile aber fast 90 Prozent der Auszubildenden. Für das gerade gestartete Ausbildungsjahr 2016 rechnen wir allerdings mit einem leichten Rückgang der Azubis im Mittelstand.“
DIHK Präsident Eric Schweitzer meint: “Ende Juli waren bei den Agenturen für Arbeit 24.000 mehr Ausbildungsangebote als suchende Jugendliche gemeldet”, sagte Schweitzer der Nachrichtenagentur dpa. Was für die potenziellen Azubis ein großer Vorteil sei, werde für Unternehmen jedoch zunehmend zur schwierigen Herausforderung, betonte er: “Ihnen gehen die Bewerber aus.”
Schweitzer verwies auf die aktuelle DIHK-Ausbildungsumfrage, der zufolge mittlerweile in fast jedem dritten Ausbildungsbetrieb Lehrstellen unbesetzt bleiben; rund 14.000 der Unternehmen verzeichneten überhaupt keine Bewerber mehr.
Als Gründe nannte der DIHK-Präsident den Trend zum Studium und die sinkende Zahl von Schulabgängern. 2015 hätten rund 150.000 junge Leute mehr ein Studium begonnen als 2005, rechnete er vor; im selben Zeitraum sei die Zahl der Lehrstellenbewerber um etwa 190.000 zurückgegangen – ein Minus von 25 Prozent.
Berufsorientierung an Gymnasien pro Mittelstand könnte helfen
An den Gymnasien so mahnt der DIHK-Präsident werde eine Berufsorientierung in Richtung duale Ausbildung immer wichtiger. Vor allem vor dem Hintergrund, dass inzwischen mehr als 50 Prozent der Schüler eines Jahrgangs die Hochschulreife erwerben. Doch würden die Gymnasiasten vorrangig für die Universitäten mobilisiert.
Schweitzer verwies auf das Engagement vieler Betriebe, die sich gegen den aktuellen Trend stemmten und für ihre Ausbildung intensiv Werbung betrieben: “Sie bieten nicht nur attraktive Ausbildungsvergütungen an. Hinzu kommen Aspekte wie Auslandsaufenthalte oder duale Studiengänge, also Kombinationen aus einer betrieblichen Ausbildung und einem Studium.”
Die hohen Zuwanderungszahlen lenken den Blick auf den so genannten „Übergangsbereich“, der durch berufsvorbereitende Maßnahmen oder nachgeholte Schulabschlüsse die Chancen junger Menschen ohne Ausbildungsplatz verbessern soll: Erstmals seit zehn Jahren weist die amtliche Statistik in 2015 einen Anstieg der Neuzugänge im Übergangsbereich aus – und zwar um 7 % ggü. dem Vorjahr auf 271.000. Schließlich benötigen viele junge Flüchtlinge eine intensive Berufsvorbereitung in Verbindung mit Sprach- und Integrationsunterricht.
„Die Integration von Flüchtlingen zählt aktuell zu den zentralen Herausforderungen des Berufsbildungssystems in Deutschland“, sagt KfW-Chefvolkswirt Zeuner. „Selten gab es einen besseren Anlass, den Übergangsbereich als wichtige Brücke zwischen Schule und Ausbildung zu stärken.”
(Quellen: KfW, DIHK, Statista, ifm Bonn)
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