Die Schlagzeilen in manchen Medien sollten Schulabgängern Mut machen: So viele Ausbildungsplätze wie noch nie! Doch Arbeitgeber finden für ihre Ausbildungsplätze zur betrieblichen Ausbildung keine geeigneten Kandidaten und fürchten den Fachkräftemangel. Woran liegt das?
Die aktuelle DIHK-Ausbildungsumfrage: “Uns geht der Nachwuchs aus” macht uns (wieder einmal) stutzig. In einer Pressemitteilung des DIHK steht: “Der Anteil der Betriebe hierzulande, die ihre Ausbildungsplätze nicht besetzen können, hat sich in den vergangenen zehn Jahren auf nunmehr 31 Prozent verdoppelt.”
Dann sehen wir diese Grafik der Bundesagentur für Arbeit:
Insofern ist nach dieser Statistik der Bedarf an Ausbildungsplätzen und das Angebot an Bewerbern nahzu identisch.
“Fast jeder zehnte Ausbildungsbetrieb hat noch nicht einmal eine einzige Bewerbung erhalten”, schildert DIHK-Präsident Eric Schweitzer das Ergebnis der Ausbildungsumfrage. Schon jetzt sei der Fachkräftemangel für jedes zweite Unternehmen ein Geschäftsrisiko. Schweitzer warnte, dies sei “eine gefährliche Entwicklung für die gesamte Gesellschaft”, bedeuteten doch fehlende Fachkräfte weniger Wachstum und Wohlstand.
(Quelle: DIHK Ausbildungsumfrage 2017)
Ausbildungsplätze zur betrieblichen (Dual)Ausbildung
Um den Bedarf an jungen Fachkräften in den Betrieben zu decken ist die betriebliche Ausbildung, auch duale Ausbildung bezeichnet, sehr wichtig. Auszubildende werden im Unternehmen und in staatlichen Berufsschulen auf den Beruf vorbereitet. Geregelt ist die duale Ausbildung im Übrigen im BBiG (Berufsbildungsgesetz), in der HwO (Handwerksordnung) und in Ausbildungsordnungen. BBiG und HwO legen den Rahmen fest. Sie enthalten die Anforderungen, die Betriebe und Ausbilder erfüllen müssen, um ausbilden zu dürfen. Außerdem formulieren sie die Rechte und Pflichten, die Unternehmen und Auszubildende haben.
Warum gibt es genügend Ausbildungsplätze, jedoch finden viele Schulabgänger keinen?
Einerseits ist es das Passungsproblem – Schulabgänger und Ausbildungsbetrieb passen nicht zusammen. Viele Azubis wollen nicht mehr die klassischen Handwerksberufe wie Bauberufe erlernen. Somit wird der Platz nicht besetzt. Darüber hinaus gibt es regionale Diskrepanzen zwischen Angebot und Nachfrage. In manchen deutschen Wirtschaftszentren gibt es schlichtweg mehr Ausbildungsplätze als Schulabgänger und woanders fehlen genügend Ausbildungsstätten.
Und:
Die IHK für das Land Niedersachsen hat in ihrer Umfrage zum Thema Ausbildungsplätze festgestellt:
(Quelle: DIHK Ausbildungsumfrage 2017)
Der DIHK kommt in seiner Auswertung auf den Punkt: Nur ein Zehntel der Betriebe, die Mängel bei der Ausbildungsreife feststellen, sehen diese bei der Teamfähigkeit und ein knappes Drittel bei Interesse und Aufgeschlossenheit. Bei Leistungsbereitschaft und Motivation, bei Disziplin und Belastbarkeit werden jedoch neue Tiefstände der Unzufriedenheit erreicht. Bei diesen Softskills sind es mehr als die Hälfte der Betriebe, die hier Kritik üben.
Der DIHK findet einen Anhaltspunkt zur Erklärung: “Es ist die Vielfalt der Qualifizierungsalternativen, die bei vielen Jugendlichen zu weniger Durchhaltewillen bei entstehenden Schwierigkeiten führen. Ausbildungsbetriebe nehmen dies als geringere Belastbarkeit und Leistungsmotivation wahr. So zeigt sich, dass besonders Branchen, die Probleme haben, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen, Leistungsbereitschaft und Motivation kritisch bewerten, wie zum Beispiel das Gastgewerbe und die Baubranche.”
(Quelle: DIHK Ausbildungsumfrage 2017)
Lösung gegen das Passungsproblem bei Ausbildungsplätzen
Wie Unternehmen auf den aus ihrer Sicht befürchteten Fachkräftemangel reagieren, zeigt die obige Grafik. Die niedersächsischen IHKn erwarten darüber hinaus von der Bildungspolitik “… mehr und inhaltlich fundiertere Berufsorientierung – vor allem auch an den Gymnasien.” Schulabgänger müssten noch besser auf das Berufsleben vorbereitet werden und ihre Perspektiven kennen, um eine ihren Interessen und Fähigkeiten entsprechende Berufs- oder Studienwahl zu treffen, betont IHKN-Hauptgeschäftsführerin Dr. Susanne Schmitt. Immerhin hätten die unklaren Berufsvorstellungen in der diesjährigen Umfrage mit 77 Prozent zu den größten Ausbildungshemmnissen gezählt, im Vorjahr seien das noch 50 Prozent gewesen. Von Seiten der Unternehmen seien im Hinblick auf die Fachkräftesicherung noch bessere Ausbildungskonzepte und qualifiziertere Ausbilder sowie mehr Ausbildungsmarketing und Schulkooperationen gefragt.
Ein gewisser Trend ist auch erkennbar. Viele Schulabgänger nutzen erst einmal “Orientierungsläufe” wie ein Berufsvorbereitungsjahr oder andere berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen. Sie erhoffen sich während der Zeit mehr Reife für den sicheren Berufswunsch.
Die Frage ist, ob es nicht auch mehr (finanzielle) Unterstützung und weniger Bürokratie bei einem Umzug wg. Ausbildung in eine andere Region geben sollte. Stichwort Berufsausbildungsbeihilfe (BAB).
(Quellen: DIHK Berlin. IHK Niedersachsen. Bundesagentur für Arbeit.)
(Redaktion: Frank Schulz)
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