Die regionale Wirtschaft boomt in Bayern, Baden Württemberg und in Teilen von Hessen. Hier befinden sich 89 der 100 stärksten Regionen in Deutschland. Das Ruhrgebiet verliert laut dem aktuellen Regionalranking des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln e.V. (iwköln) deutlich an Boden.
In Teilen Bayerns und Baden-Württembergs, aber auch im Süden Niedersachsens und im Westen von Rheinland-Pfalz liegt die Arbeitslosenquote bei höchstens 4 Prozent. Nach Berechnungen der IW Consult, einer Tochter des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), bleibt der Landkreis München die erfolgreichste Region hierzulande.
Vor allem Regionen mit einer innovativen Wirtschaft entwickeln sich positiver als der Durchschnitt, können aber gleichzeitig ihren Bedarf an Fachkräften immer seltener decken. Studien des IW Köln zeigen, dass Engpässe selbst bei Facharbeitern bestehen, die zunächst nur geringe Deutschkenntnisse brauchen. Dazu zählen LKW-Fahrer, Bäcker oder Köche. Hier könnten Flüchtlinge Lücken schließen, sagt die IW Consult. Für die benötigte schnelle Integration können die starken Regionen zudem mehr Geld investieren.
Regionale Wirtschaft im Ruhrgebiet gerät ins Abseits
Dagegen kämpfen viele Regionen im Westen Deutschlands mit wirtschaftlichen Problemen – von den schlechtesten zehn Kreisen und Städten sind alleine fünf aus dem Ruhrgebiet. Schlusslicht des Regionalrankings ist Duisburg. Mit Wilhelmshaven, Neumünster, Flensburg und Bremerhaven liegen zudem vier Städte aus Norddeutschland ganz hinten. „Die schwachen Regionen drohen den Anschluss zu verlieren, wenn sie nicht gegensteuern“, warnt Hanno Kempermann von der IW Consult.
Auffällig ist zudem, dass sich starke und schwache Städte und Landkreise jeweils in bestimmten Gebieten konzentrieren:
Die erfolgreichen Regionen liegen überwiegend in Süddeutschland. Sie profitieren vor allem von einem starken Forschungs- und Entwicklungsumfeld sowie von innovativen, exportstarken Firmen. Zu den bestplatzierten Regionen zählen die Automobilstandorte Dingolfing-Landau mit BMW sowie Ingolstadt mit Audi, aber auch die Stadt München und der dazugehörige Landkreis.
Zu verdanken ist dies neben der Nähe zur bayerischen Metropole einer gezielten Standortförderung und vielen Initiativen zur Bildung sogenannter Firmencluster, die den Landkreis zum wichtigsten deutschen Biochemie-Standort gemacht haben. Das schlägt sich im IW-Ranking vor allem in den Kategorien Wirtschaftsstruktur (Platz zwei) und Arbeitsmarkt (Platz sechs) nieder.
Die schlechter bewerteten Regionen im IW-Ranking finden sich vor allem in Ostdeutschland sowie im Ruhrgebiet, das mit Duisburg das derzeitige Schlusslicht beheimatet. Aber auch in Norddeutschland haben einige Städte und Kreise mit erheblichen Problemen zu kämpfen. So zählt Neumünster sowohl im Niveau- als auch im Dynamikranking zu den Letztplatzierten. Besonders bei der Lebensqualität, die das IW-Ranking unter anderem anhand des Anteils naturnaher Flächen und der Ärztedichte bewertet, schneidet die Stadt in Schleswig-Holstein schlecht ab. Vor allem jüngere Menschen kehren daher Neumünster den Rücken, sodass eine wesentliche Aufgabe für die Region darin besteht, den Fachkräftenachwuchs zu sichern.
Regionale Wirtschaft stärken – nur wie?
Viel zu tun gibt es vor allem in Sachen Digitalisierung und Industrie 4.0. Derzeit befassen sich erst 15 Prozent aller deutschen Industrieunternehmen aktiv mit diesem Thema. Daraus ergeben sich für die Regionen drei zentrale Herausforderungen:
1. Rahmenbedingungen verbessern. Ohne schnelles Internet lässt sich die Digitalisierung der Wirtschaft nicht vorantreiben. Die Bundesregierung nimmt zwar für ihre Breitbandstrategie rund 2 Milliarden Euro in die Hand, damit in Deutschland 2018 flächendeckend mit 50 Megabit pro Sekunde gesurft werden kann (vgl. iwd 13/2016). Doch gerade in ländlichen Regionen dürften die Fördermittel kaum ausreichen, sodass die Landkreise zusätzliche Initiativen starten und eigenes Geld beisteuern müssen, um bei der Breitbandversorgung nicht abgehängt zu werden.
2. Wissenstransfer erleichtern. Damit vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) leichter Zugang zu den Erfahrungen anderer Firmen sowie zur Expertise wissenschaftlicher Einrichtungen bekommen, sind regionale Institutionen als Vermittler gefragt. Zum Beispiel können die Industrie- und Handelskammern vor Ort einem KMU Gesprächspartner in Unternehmen derselben Branche nennen, die bereits erfolgreich mit regionalen Forschungseinrichtungen kooperieren.
3. Förderprogramme nutzen. Speziell im Bereich Industrie 4.0 ist das Angebot mittlerweile groß. So unterstützen seit Ende 2015 die vom Bundeswirtschaftsministerium initiierten Mittelstands-Kompetenzzentren kleine und mittlere Unternehmen in Berlin, Darmstadt, Dortmund, Hannover und Kaiserslautern auf ihrem Weg in die digitale Produktion. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl anderer Programme – etwa im Rahmen des Europäischen Sozialfonds. Die Chancen, solche Fördermittel zu bekommen, sind am größten, wenn Unternehmen und regionale Verwaltung beim Antrag an einem Strang ziehen.
(Quelle: Erschienen im iwd Infodienst vom 14. April 2016. Michael Bahrke / Hanno Kempermann Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.)
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