FinTech Unternehmen stehen für innovative, digitale Geschäftsmodelle. Insbesondere die Online-Crowdinvesting Plattformen stoßen bei Anlegern und mittelständischen Unternehmen auf großes Interesse. Die BaFin reagiert mit einer Projektgruppe, der Gesetzgeber mit einer Novellierung des Kleinanlegerschutzgesetzes.
“Kein Sandkastenmodell für deutsche FinTech Start-ups …”. Felix Hufeld, Chef der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wurde aufgrund seiner Neujahrsansprache kurz gescholten – denn: Er lehnte den von der britischen Aufsichtsbehörde FCA inspirierten Vorschlag ab, Ideen und Vorschläge von FinTechs im Vorfeld der Umsetzung auch in Deutschland zu testen (Quelle: Gruenderszene.de).
Macht aber nix – denn: Vor allem kleine- und mittlere Unternehmen (KMU) finden gefallen an alternativen Finanzierungsquellen. Der Druck auf etablierte Finanzinstitute ist eh schon längst größer geworden. Im November letzten Jahres stand in einer Veröffentlichung des Bankenverbands: “Aufgrund ihrer guten Innenfinanzierungssituation und der wachsenden Bedeutung alternativer Finanzierungsmöglichkeiten fragen die Unternehmen vergleichsweise wenig Kredite nach.”
Und weiter: “FinTechs etablieren sich zunehmend als fester Teil der Finanzbranche. Mit dem Begriff FinTech werden Unternehmen bezeichnet, die durch moderne, meist internetbasierte Technologien und innerhalb weniger regulierter Rahmenbedingungen den Kundennutzen bei finanznahen Dienstleistungen optimieren möchten. Sie agieren dabei entweder als Teil der Wertschöpfungskette von Finanzdienstleistern oder bieten selbst Finanzdienstleistungen an. Diese sind durch ihre Einfachheit und Nutzerfreundlichkeit (die sogenannte Convenience) geprägt. Die zunehmende digitale Durchdringung aller Lebensbereiche sowie die flächendeckende Verbreitung von Smartphones und Internet bieten FinTechs die Chance, sukzessive zu einem Teil der Finanzbranche zu werden.”
Es sollte zwischen Banken, Aufsichtsbehörde und Crowdinvesting-Betreiber um eine Diskussion auf Augenhöhe gehen und darum ernst genommen zu werden. Denn eines ist klar: “… die Herausforderung bei allen Regulierungen ist es, Innovationen einerseits nicht durch zu strenge Vorgaben im Keim zu ersticken, gleichzeitig aber zu verhindern, dass diese Innovationen Aufsichtsgrundsätze aushebeln.” (BaFin vom 15.01.2016).
FinTechs und Crowdinvesting
Digitale Geschäftsmodelle in der Finanzbranche sind nichts Neues. Ein gutes Beispiel ist das bereits im Jahr 1998 von Michael Schwetje (u.a. Ex-Investmentbanker) und Stephan Schubert (Ex-McKinsey) gegründete Online-Finanzportal OnVista.de. Sie bündelten die schnelle Interaktion mit Kunden via Internet und die Bereitstellung von Just-in-Time Finanzinformationen. Oder das Online-Vergleichsportal Check24, dessen Ursprung im Jahr 1999 durch die Gründung von einsurance hat. Neu ist wieder einmal die Dynamik, mit der FinTechs den Markt erobern können. Jedoch anders als zur Zeit der New Economy sind Anleger, Nutzer und die Börse sensibler geworden.
Beim Crowdinvesting handelt sich um eine Finanzierungsform mit unterschiedlichen Ausprägungen. Diese lassen sich nach der Art der Gegenleistung unterscheiden, die der Kapitalgeber für seinen finanziellen Einsatz erhält.
(Grafik/Quelle: Institut für Mittelstandsforschung Bonn (ifm Bonn))
Von allen FinTech Neuerungen ist die sogenannte “Schwarmfinanzierung” dabei, zu einem festen Bestandteil der deutschen Finanzbranche zu werden – neben dem Drei-Säulen-Modell der Bankenlandschaft. Gerade in der Frühphase stolpern Unternehmensgründer häufig über das fehlende Kapital. Neben den strengeren Kreditvergaberegeln für Banken (müssen u.a. höheres Eigenkapital vorhalten) ist es die in Deutschland fehlende Gründerkultur, die ein lebendiges Finanzierungswesen verhindert. Wir haben hier eher eine Scheiternkultur. Und: Viele Förderprogramme werden für die “Großen” aufgelegt – die Vergabevoraussetzungen sind einfach zu hoch für ein Start-up Team.
Warum Crowdinvesting?
Das ifm Bonn hat in einer Studie erwähnt: “Überwiegend junge Unternehmen nutzen das Crowdinvesting, obwohl ihnen zum Zeitpunkt dieser Entscheidung auch alternative Finanzierungsoptionen zur Verfügung stehen. Sie wählen diese Finanzierungsform somit bewusst und nicht aus der Not heraus. Die wichtigsten Beweggründe sind dabei neben der Sicherung des Kapitalzuflusses ein erhoffter Werbeeffekt beim Endkunden.”
Also spielen nicht monetäre Mehrwerte, wie der Werbeeffekt beim Endkunden oder der Zugang zu Netzwerken eine bedeutende Rolle. Bereits erfolgreich durchgeführte “Schwarmfounder” würden sich zu 85 Prozent wieder für das Crowdinvesting entscheiden.
(Anmerkung: Das Video hält interessante “Zwischen-den-Zeilen” Aussagen bereit und dient hier nicht zur Werbung für einen Crowdanbieter.)
(Die Idee zu Crowdfunding stammt ursprünglich aus den USA und wurde zunächst vor allem bei der Finanzierung von Musikproduktionen eingesetzt. Ins Deutsche übersetzt, bedeutet Crowd “Ansammlung” oder “Menschenmenge”. Funding umfasst das Aufbringen von Mitteln bzw. die Finanzierung).
Bis Mitte 2015 war das Thema Crowdinvesting nicht “geregelt”. Aus Sicht der Kapitalgeber, des “Schwarms” also, galten bis dahin die Vorschriften zum Bank,- Kapitalmarkt- und Gewerberecht. Die rechtliche Regelung für das Crowdinvesting wurde erstmals mit der Novellierung des Kleinanlegerschutzgesetzes im Juli 2015 umgesetzt. Darin wurde beispielsweise die Schwelle für eine Prospektpflicht bei Crowdinvestings (§ 2a Abs.1 VermAnlG n.F.) auf EUR 2,5 Mio. erhöht, um die Wettbewerbsfähigkeit der Start-up Branche in Deutschland im internationalen Vergleich zu stärken. Der Forderung des German Crowdfunding Network (GCN), eine Schwelle von EUR 5 Millionen einzuführen, wie sie auch in anderen europäischen Ländern gilt (Großbritannien, Italien, zukünftig voraussichtlich Österreich), wurde zunächst nicht Rechnung getragen.(Quelle: www.gsk.de).
Die Investmentgrenze, die bei Crowdinvestings pro Anleger und Emission (§ 2a Abs. 3 VermAnlG n.F.) gilt, ist auf grundsätzlich EUR 1.000 festgelegt. Unter zusätzlichen Voraussetzungen sind Investments bis zu maximal EUR 10.000 möglich, wenn der Anleger gegenüber der Plattform in Form einer Selbstauskunft nachweist, dass er entweder über ein frei verfügbares Vermögen in Höhe von mindestens EUR 100.000 verfügt oder dass sein Investment nicht den zweifachen Betrag seines durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens übersteigt.
Eine Überprüfung des verabschiedeten Kleinanlegerschutzgesetzes ist im Übrigen für Ende 2016 geplant. Deutschland kämpft, um die Balance innovativen Start-ups den Zugang zu alternativen Finanzierungsquellen zu ermöglichen und gleichzeitig den Anleger ausreichend zu schützen. Wie bei jedem Investment sollten sich Anleger auch beim Crowdinvesting über die Risiken informieren. Je höher die Renditeversprechen sind, je höher ist auch das Risiko für den Privatanleger eines Totalverlustes.
Eine Aufsicht der Initiatoren bzw. Verwalter und ihrer unternehmerischen Tätigkeit ist mit dem Vermögensanlagengesetz weiterhin nicht verbunden. Deswegen kommt die Regulierungsbehörde BaFin ins Spiel. Die BaFin hat eine Projektgruppe gebildet, die sich mit dem Thema Crowdinvesting beschäftigen soll. Denn so die BaFin: “Allerdings ist nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen, ob bestimmte FinTechs für ihre Tätigkeit eine Erlaubnis der BaFin benötigen oder ob sie der Gewerbeaufsicht unterliegen. Ähnlich erscheinende Geschäftsmodelle weichen bei näherer Betrachtung im Detail voneinander ab, was sich direkt darauf auswirkt, welche Pflichten die Unternehmen einzuhalten haben. Gleichzeitig können sich Fragen zum kollektiven Verbraucherschutz ergeben, denen die BaFin im Rahmen ihres neuen Mandats aus § 4 Absatz 1a FinDAG (Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz) nachgeht.”
Der große Vorteil gesetzlicher und regulatorischer Maßnahmen zum Thema Crowdinvesting ist die Akzeptanz der Betreiber in der Finanzbranche und nicht (mehr) Teilnehmer eines “Grauen Kapitalmarktes” zu sein. Für den Anleger bedeutet mehr Aufsicht auch etwas mehr Sicherheit und vor allem mehr Transparenz.
(Autor: Frank Schulz)
(Quellen: Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Institut für Mittelstandsforschung Bonn, GSK STOCKMANN + KOLLEGEN, Statista GmbH, Bankenverband).
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