Um ihre Glaubwürdigkeit zu wahren, konnte die US-Notenbank ihr geldpolitisches Hü und Hott nicht mehr fortsetzen: Mit Streichung des Wortes „geduldig“ aus ihrem letzten Sitzungs-Statement zeigt sich die Fed nicht mehr abwartend in punkto Leitzinswende, sondern hat sie verbal eingeleitet. Ein Kommentar von Robert Halver.
Freilich wissen wir immer noch nicht, wann sie denn kommt. Juni oder September 2015 sind per heute mögliche Termine. Die gesenkten US-Wachstumsprojektionen – 2,5 Prozent nach zuvor 2,8 für 2015; 2,5 nach 2,75 für 2016 und 2,4 nach 2,2 im Jahr 2017 – sowie gekürzten Inflationserwartungen – 0,7 Prozent nach 1,3 für 2015 – sprechen eher für den späteren Termin.
Tatsächlich haben die US-Wirtschaftsdaten seit Jahresbeginn enttäuscht. Der von der Citigroup veröffentlichte ökonomische Überraschungs-Index – er misst positive sowie negative Abweichungen der tatsächlichen Wirtschaftsdaten von den Analystenerwartungen – befindet sich seit Januar in negativem Territorium und insgesamt auf einem noch niedrigeren Niveau als 2012. Übrigens war 2012 die schlechte konjunkturelle Datenlage der Grund, dass die Fed das umfangreichste und längste ihrer drei Aufkaufprogramme (QE 3) startete.
Laut Fed-Präsidentin Yellen will man erst dann die Zinsen erhöhen, wenn man
zuversichtlich ist, dass sich die Inflation dem mittelfristigen Ziel von zwei Prozent annähert.
. Betrachtet man die fortgesetzte Ölpreisschwäche und ihre deflationierende volkswirtschaftliche Wirkung sind inflationäre Argumente für eine scharfe Zinswende rar gesät.
Pressekonferenz mit Janet L. Yellen vom 18. März 2015.
Dennoch ist zu hoffen, dass die Fed eine glaubwürdigkeitsstärkende Zinserhöhung eher früher als später durchführt, damit endlich Tatsachen geschaffen werden und sich so die gespenstische Zinserhöhungsangst als Verunsicherungselement aus den Köpfen der Anleger entfernt. Anschließend kann sich die Fed sehr lang wieder passiver verhalten, um die Reaktion der US-Wirtschaft auf die Zinswende abzuwarten.
Robert Halver: US-Zinswende bedeutet keine Aktienwende
Ohnehin, in einem bereits aktuell durch den festen Dollar angeschlagenen Exportklima und einem unter Umsatzeinbußen leidenden Energiesektor will Frau Yellen das Investitionsumfeld der US-Wirtschaft nicht durch weitere Dollar befestigende, scharfe Zinsrestriktionen noch mehr erschweren. Die US-Notenbankchefin weiß aus historischer Erfahrung, dass deutliche Zinssteigerungen wie Massenvernichtungswaffen auf die Finanzmärkte wirken und im Extremfall sogar das Platzen der größten Anlageblase der Geschichte – die aktuelle Anleiheblase – auslösen könnte. Die früheren markanten Zinserhöhungszyklen 1999/2000 und vor allem 2004 bis 2006 ließen das Niveau der Wertpapierkredite an der New York Stock Exchange im Zuge einer dramatischen Liquiditätssicherung ebenso dramatisch einbrechen. Mit Blick auf das heute deutlich höhere Kreditvolumen ist das Schädigungspotenzial weit größer.
Die Stimmungsverschlechterung an den damaligen Finanzmärkten sorgte anschließend für erhebliche Kollateralschäden in der Realwirtschaft. Risikoaversion und eine massive Liquiditätshaltung führten zu einer dramatischen Kappung von Investitionen und Konsum sowie in vielen Ländern zu scharfen Rezessionen. Frau Yellen, die den Zusammenbruch der Immobilienblase als früheres Fed-Direktoriumsmitglied hautnah miterlebt hat, wird dieses Zinserhöhungsrisiko nie mehr eingehen.
Insofern werden US-Zinserhöhungen eine kritische Schwelle nicht überschreiten. Ohnehin lässt sich historisch feststellen, dass die Aktienmärkte bei sanften US-Zinserhöhungen noch weiter angestiegen sind. Kein Wunder, zeugen sie doch von einer stabileren konjunkturellen Verfassung.
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