Selbst innerhalb der EU existiert eine große regionale Kluft zwischen Arm und Reich. Traditionell stehen in Deutschland Wirtschaftszentren mit Schlüsselbranchen sehr gut dar. So beispielsweise Wolfsburg mit einer Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung von 137.000 Euro; neunmal so hoch wie in der Südwestpfalz mit 15.000 Euro.
Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln sieht deutliche Wohlstandsunterschiede, auch innerhalb der EU-Staaten. Die Hauptstädte liegen dabei meist im Spitzenfeld.
Seit langem und mit viel Geld bemüht sich die EU, die Lebensverhältnisse innerhalb der Staatengemeinschaft anzugleichen, indem sie die ärmeren Länder und strukturschwachen Regionen unterstützt. Trotzdem ist der Wohlstand noch immer recht ungleich über den europäischen Kontinent verteilt. Dies gilt selbst, wenn man nur die Flächenstaaten berücksichtigt – und damit das besonders wohlhabende Großherzogtum Luxemburg außen vor lässt.
So hat Dänemark im Jahr 2015 ein nominales, also nicht kaufkraftbereinigtes Bruttoinlandsprodukt (BIP) von fast 48.000 Euro je Einwohner erzielt – Griechenland kam lediglich auf rund ein Drittel dieses Werts.
Die noch immer vergleichsweise jungen Marktwirtschaften Mittel- und Osteuropas liegen sogar noch weiter zurück – das Schlusslicht Bulgarien verbuchte 2015 gerade mal ein Pro-Kopf-BIP von 6.300 Euro. Zwar würde eine Berücksichtigung der unterschiedlichen Kaufkraft in den einzelnen Ländern die Unterschiede verringern, das Wohlstandsgefälle bliebe aber erheblich.
Große regionale Kluft zwischen Arm und Reich
Noch größer ist die Kluft zwischen Arm und Reich, wenn die Daten für die mehr als 1.000 Regionen innerhalb der Europäischen Union herangezogen werden – wobei hier die aktuellsten Werte erst für das Jahr 2014 durchgängig vorliegen.
Mit einem BIP je Einwohner von fast 411.000 Euro war die britische Region Camden & City of London 2014 beinahe 140-mal so wohlhabend wie die Regionen Pernik, Silistra und Sliven in Bulgarien.
Der Finanzstandort London übertrifft alle anderen Regionen im Wirtschaftskraft-Ranking bei weitem. So kommt selbst die Autostadt Wolfsburg als immerhin drittstärkste Region der EU gerade mal auf ein Drittel des Londoner Pro-Kopf-BIP. Die deutsche Bankenmetropole Frankfurt am Main auf Rang zehn muss sich sogar mit weniger als einem Viertel des Wohlstands begnügen, der in der City of London erwirtschaftet wird.
Doch auch innerhalb der einzelnen EU-Länder gibt es beim Pro-Kopf-BIP ein merkliches Gefälle. Typischerweise ist die Wirtschaftskraft in den Ballungsräumen mit vielen Unternehmen höher als in ländlichen Regionen. Am größten ist der Abstand zwischen der wohlhabendsten und der ärmsten Region im Vereinigten Königreich – der überragende Londoner Finanzdistrikt kommt auf ein mehr als 22-mal so hohes Pro-Kopf-BIP wie die strukturschwachen walisischen Regionen Isle of Anglesey und Gwent Valleys. Gegenüber dem Jahr 2000 hat sich die Lücke weiter vergrößert – damals war der Wert für London „nur“ 17-mal so hoch wie jener für die Schlusslichter in Wales.
Aber auch in Deutschland variiert die Wirtschaftskraft der gut 400 Regionen stark.
Im Jahr 2014 war die Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung in Wolfsburg mit 137.000 Euro gut neunmal so hoch wie in der Südwestpfalz mit 15.000 Euro.
Deutlich kleiner fällt die Wohlstandskluft zum Beispiel in Finnland aus. Dort ist das Pro-Kopf-BIP der schwächsten Region, Kainuu im Norden, immerhin gut halb so hoch wie das von Helsinki-Uusimaa.
Wie im Vereinigten Königreich und Finnland liegen auch in zahlreichen anderen EU-Staaten die Hauptstädte – oder auch Teile davon, wenn sie eine eigenständige Region bilden – im vorderen Bereich des Spektrums oder sogar ganz vorn. Letzteres gilt beispielsweise für Polen, Rumänien, Tschechien, Griechenland, die Niederlande, Belgien, Dänemark, Schweden und Portugal. Und die stärkste Region Frankreichs, Hauts-de-Seine, ist letztlich nichts anderes als der westliche Vorortgürtel von Paris.
Eine Ausnahme von der Regel bildet Deutschland:
Berlin ist die einzige EU-Hauptstadt, deren Pro-Kopf-Wirtschaftskraft unter dem landesweiten Durchschnitt liegt – wenn auch gerade mal um 5 Prozent.
Ein wesentlicher Grund für das atypische Regionalmuster in Deutschland ist neben dem staatlichen Föderalismus die oft historisch gewachsene, differenzierte Unternehmenslandschaft, die eine ganze Reihe von Wirtschaftszentren hat entstehen lassen. Zu den Stärksten gehören neben Wolfsburg unter anderem Ingolstadt als weiterer Auto-Standort, Schweinfurt, wo wichtige Branchen der Metall- und Elektro-Industrie angesiedelt sind, sowie die Siemens-Stadt Erlangen.
(Quelle: Matthias Diermeier ; Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.)
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