Trendthema Automobilbranche: Car-to-Car Kommunikation und der Datenschutz

Autos werden in Zukunft miteinander kommunizieren und Dritten, wie Autoherstellern oder Versicherungsgesellschaften Daten übermitteln. Die Car-to-Car Kommunikation ist die Grundlage. Nordamerikanische Leasinganbieter beginnen zum Beispiel damit, Fahrzeuge per Funk stillzulegen, wenn die Raten nicht pünktlich gezahlt werden. Forscher um Professor Frank Kargl an der Uni Ulm fragen: Sind das nun technologische Fortschritte oder droht der absolute Kontrollverlust?

Alle großen Autohersteller arbeiten an den sogenannten Car-to-Car oder auch Car-to-X Programmen. Autofahrer sollen vor Gefahren im Straßenverkehr frühzeitig gewarnt werden. Die Daten, die dafür notwendig sind, werden von anderen Sendern wie Polizei oder Feuerwehr empfangen und weiterverarbeitet. Das Ganze läuft auch bidirektional ab. Der Autofahrer empfängt und sendet ebenso seine Daten, damit das System durchgängig funktioniert. Soweit so gut.

Daimler Car-to-X Foto

Big Brother auf dem Beifahrersitz

Das ist der Titel einer Mitteilung aus dem Institut für Verteilte Systeme an der Uni Ulm. Hier forscht der Leiter Professor Frank Kargl zum Thema Datenschutz und zu Aspekten der Privatheit („Privacy“) in der sogenannten Car-to-Car Kommunikation. Er bezeichnet das Auto als sehr persönlichen Gegenstand, denn ein typischer privater PKW wird nur von einer oder maximal zwei Personen genutzt. Der Datenfluss lässt also zahlreiche Rückschlüsse auf den Halter zu. Ortet eine Diebesbande ein Fahrzeug zum Beispiel in Italien, kann sich eine Stippvisite in der Wohnung des Besitzers lohnen.

Mit einem gewissen Aufwand kann man zahlreiche vorteilhafte Dienste anbieten und die Privatsphäre trotzdem schützen,
sagt Kargl. Dazu gelte es zunächst, das System zu verstehen und zu überlegen, mit welchen Technologien zum Schutz der Privatsphäre ein Kommunikationsprotokoll so umgebaut werden kann, dass es weiterhin seinen Zweck erfüllt und trotzdem keine unnötigen Daten preisgibt.

Professor Frank Kargl von der Uni Ulm

Professor Frank Kargl

Sein Vorschlag: Der Schutzmechanismus muss schnell mit großen Datenmengen fertig werden und oft auf verhältnismäßig schwachen Rechnern laufen. Um Kosten zu senken, kann ein bestehendes System auch stufenweise umgebaut werden: In einem ersten Schritt wird auf alle Nutzerdaten, die nicht unbedingt nötig sind, verzichtet. Außerdem können zusätzliche Schutzfunktionen („Privacy Enhancing Technologies“) wie zum Beispiel so genannte Attribute-based Credentials und zwischengeschaltete Rechner zur Anonymisierung von Daten ergänzt werden. In jedem Fall müssen Fahrzeuge als solche erkennbar bleiben, was etwa durch ständig wechselnde, aber anonyme Identifikationsnummern gewährleistet werden kann.

 

 

Datenschutz und Privatheit in der Elektromobilität

Laut Bundesregierung sollen bis 2020 rund eine Million E-Autos über deutsche Straßen rollen. Die Ausgangslage: Der Fahrer muss sich an der Stromsäule eines Anbieters identifizieren, bevor er das Elektromobil aufladen kann. Dann werden Standort und Stromverbrauch an seinen Mobilitätsoperator, also etwa die heimischen Stadtwerke, gesendet und mit der allgemeinen Stromrechnung beglichen. Dazu wurde das Protokoll ISO/IEC 15118 standardisiert, das laut Kargl jedoch einige Datenschutzprobleme aufwirft.

Nach einem so genannten ,Privacy Impact Assessment‘ zur Analyse dieser Probleme haben wir das bisherige Protokoll bei voller Funktionalität umgebaut. Dank geeigneter kryptographischer Mechanismen bleibt dem Anbieter nun verborgen, wer an seiner Stromsäule auflädt. Der Mobilitätsoperator erfährt hingegen, wie viel getankt wurde, nicht aber wo,
 erklärt Kargl. Die Bezahlung laufe dann datenschutzfreundlich über eine zusätzliche Instanz zwischen Ladeanbieter und Mobilitätsoperator. Sollte es zu Unregelmäßigkeiten kommen, könne jedoch der Klarname des Nutzers kontrolliert offen gelegt werden.

Das umgebaute, auf den Namen POPCORN getaufte Protokoll ist übrigens in elektrische Miniatur-Modellfahrzeuge sowie in eine nachgebaute Ladesäule implementiert und so getestet worden.

(Quelle: Uni Ulm / Daimler)
(Bilder: Daimler / Eberhardt – Uni Ulm)

 

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