Der Vertrieb im Mittelstand kennt seine Zielgruppen und Zielregionen. Durch Key-Plattformen wie Google oder Facebook wird der Absatzkanal Internet jedoch bedeutender und bietet weitere Chancen: Die Verknüpfung von potenziellen Partnern und Kunden zum Aufbau neuer Services, Innovationen oder neuer Geschäftsfelder.
Wir kommen nicht um sie herum: Die großen US Konzerne Alphabet (Google, YouTube) oder Facebook mit WhatsApp bestimmen zum großen Teil den Weg und die Art der Kommunikation. Sicherlich ist ab und an zu hinterfragen, warum es in Europa bisher kein Hub geschafft hat, etwas Neues und unabhängiges zu entwickeln.
Keine Frage: Mit dem Internet und den Social Media Kanälen können sich B2B-Verkäufer ihre Arbeit erleichtern und ihren Erfolg steigern. Doch sie nutzen diese Tools oft noch nicht systematisch genug.
(Quelle: Universität Leipzig / Fink & Fuchs AG)
Für fast alle Industriegüter und -dienstleistungen gilt: Ihrem Kauf geht ein längerer Verkaufsprozess voraus. Dieser reicht vom Definieren der Zielkunden, über das Erkunden oder Wecken ihres Bedarfs sowie das Erstellen des Angebots bis hin zur Vertrags- und Preisverhandlung.
Ihre hieraus resultierenden (Teil-)Aufgaben können Verkäufer mit Hilfe des Internets und der Sozialen Medien oft besser und einfacher erfüllen. Hierfür einige Beispiele entlang des Verkaufsprozesses.
Heute stützen sich Verkäufer bei der Marktbearbeitung primär auf die Adressen in den Datenbanken und CRM-Systemen ihrer Unternehmen. Und wenn diese Tools zu wenig brauchbare Adressen für die Neukundenakquise enthalten? Dann kauft ihr Unternehmen von einem Adresshändler „neue Adressen“, die schon Hunderte anderer Unternehmen nutzen.
Dabei bringt eine clevere Google-Suchabfrage mit Formulierungen wie „Top 100 Speditionen“ oder „Größte Maschinenbauunternehmen in Deutschland“ ausreichend neues Akquise-Potenzial. Auch die Internetseiten von Verbänden und Fachmessen eignen sich für das Generieren von Adressen, denn hier sind häufig die Namen der Mitgliedsunternehmen beziehungsweise Aussteller publiziert – oft nebst den Namen der Ansprechpartner und deren Mailadressen. Werden die Ansprechpartner nicht genannt, ist es Fleißarbeit, diese zu ermitteln. Bei Klein- und Mittelunternehmen ist dies meist kein Problem, denn die Namen von deren Inhabern oder Geschäftsführern stehen stets im Impressum der Firmenwebseiten.
Beim Ermitteln der Ansprechpartner in größeren Unternehmen sind Soziale Netzwerke wie LinkedIn und XING wertvolle Tools, weil viele Entscheider in ihnen Mitglied sind. Mit den Recherche- und Selektionsfunktionen dieser Portale lassen sich mit etwas Übung neben interessanten Zielkunden auch die richtigen Adressaten finden.
In den Sozialen Netzwerken können Verkäufer auch Mitglied von Interessengruppen werden wie „Automatisierung Industrie“ oder „Energieeffizienz-Lösungen“. Dort können sie Fachinformationen in Verbindung mit ihren Kontaktdaten platzieren.
Einige Unternehmen mit einer professionellen Vertriebsorganisation sorgen dafür, dass in allen relevanten Gruppen (Vertriebs-)Mitarbeiter von ihnen einen persönlichen Account haben. Das Ziel hierbei: Ihre Mitarbeiter sollen ermitteln, welche Unternehmen sich für ihre Problemlösungen interessieren könnten, und erkunden, welche Fragen zum Beispiel den Automatisierungsexperten in ihnen auf den Nägeln brennen. Denn daraus lassen sich
- Ideen für neue Produkte und Problemlösungen und
- Verkaufsargumentationen für bereits vorhandene Produkte und Problemlösungen
ableiten.
Verkäufer sollten, bevor sie potenzielle Kunden kontaktieren, sich über deren Unternehmen im Internet informieren. Hinter einer professionell gestalteten und Größe suggerierenden Firmen-Webseite kann sich nämlich auch eine Garagen- oder Briefkasten-Firma verbergen. Umgekehrt stecken hinter eher unprofessionell wirkenden Webseiten häufig große Mittelständler. Ihr wahres Gesicht zeigen Firmen meist, wenn Verkäufer ihre Adresse bei Google Earth eingeben. Auch auf Portalen wie www.bundesanzeiger.de und www.moneyhouse.de findet man Infos, die einen fundierten Ersteindruck von Unternehmen vermitteln.
Bei vielen Verkäufern liegt das Sich-informieren über ihre Gesprächspartner noch im Argen: Welche beruflichen Werdegänge haben sie? Was sind ihre Interessen? Waren sie zuvor für Unternehmen tätig, die wir kennen? In welchen Verbänden sind sie Mitglied? Verkäufer, die dies wissen, können sich besser auf ihre Gesprächspartner einstellen. Deshalb lohnt es sich vor Kundenterminen, die Namen der Gesprächspartner zu googeln und zu checken: Sind sie Mitglieder bei Netzwerken wie LinkedIn und XING? Denn in deren Mitgliederportraits findet man viele relevante Infos über die Personen.
Von den Marketingabteilungen ihrer Unternehmen erhalten die Verkäufer meist nur allgemeingültige Unterlagen und Powerpoint-Präsentationen als Verkaufshilfen; kundenspezifisch individualisieren müssen sie diese selbst. Logos und Fotos des Kunden finden sich schnell im Internet und lassen sich unkompliziert mit „Strg C“ und „Strg V“ in die Unterlagen einfügen (ACHTUNG: Logos und Fotos sind meistens urheberrechtlich geschützt. Bei einer Veröffentlichung können Abmahnungen erfolgen).
Menschen kaufen bevorzugt bei Menschen; Ausnahmen sind Submissionen und E-Auktionen. Je besser Verkäufer ihr Gegenüber einschätzen können, desto größer sind ihre Chancen, die Kaufentscheidung zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Alleine auf niedrigere Preise oder vermeintlich bessere Features zu setzen, ist fahrlässig. Gesprächspartnerorientierung und Beziehungsaufbau sind gefragt. Die sozialen Netzwerke helfen Verkäufern, auch persönliche Infos über ihre Gesprächs- und Verhandlungspartner zu gewinnen und beispielsweise Gemeinsamkeiten zu entdecken.
Verkaufsprofis wissen: Menschen kaufen am Liebsten bei Personen, die sie kennen und einschätzen können. Und: Die meisten Kaufempfehlungen werden in Netzwerken ausgesprochen. Deshalb bauen sie ihr persönliches Netzwerk auch in den sozialen Medien aus. In ihnen posten sie gemäß der Maxime „mäßig, aber regelmäßig“ fachliche und unterhaltsame Infos. Mit folgenden Zielen:
- den Kontakt mit den Stammkunden pflegen und
- sich bei den Noch-nicht-Kunden allmählich einen Namen machen.
Denn sie wissen: Die potenziellen Kunden haben nicht immer einen Bedarf. Doch wenn bei ihnen ein Bedarf entsteht, sollten sie meinen Namen als „Spezialist für…“ im Hinterkopf haben. Dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie mich kontaktieren.
Zum Autor: Peter Schreiber ist Inhaber der Vertriebs- und Managementberatung PETER SCHREIBER & PARTNER in Ilsfeld bei Heilbronn (www.schreiber-training.de; Tel.: 0 70 62/96 96 8; E-Mail: zentrale@schreiber-training.de). Er ist Dozent beim ZfU Business International School, Thalwil bei Zürich, und Lehrbeauftragter an der Hochschule Mannheim.
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